Relative und absolute Wahrheit – die Bedeutung von Aikido.

合 – Ai

氣 – Ki

道 – Do

合 – Ai: Fast jeder interpretiert Ai in der Bedeutung „Harmonie“. Die Kalligrafie für dieses Wort Ai besteht aus drei verschiedenen Komponenten, und bedeutet wörtlich Mensch, Eins, und Mund. Also bedeutet Ai „Mensch mit einem Mund“. Vielleicht kannst du dir die Bedeutung bereits vorstellen. Was machen wir mit unserem Mund? Wir sprechen, wir rezitieren, wir singen. Also können wir sagen, dass Ai „alle singen mit einer Stimme“ bedeutet. „Harmonie“ ist ein gutes Wort dafür. Es ist ein populäres Wort. Aber manchmal haben Wörter für verschiedene Menschen verschiedene Bedeutungen. Daher ist es wichtig, sorgfältig auf die Herkunft solch wichtiger Wörter zu schauen. Natürlich kamen die Kanji (Japanische Schriftzeichen) ursprünglich vom alten China nach Japan. Es ist also Chinesisch aus vergangenen Zeiten. Es ist wichtig daran zu denken wenn wir uns damit beschäftigen. Also, dies sind alle Menschen die mit einer Stimme singen oder sprechen; alle Menschen vereint.

Die Herausforderung mit dem Wort „Harmonie“ ist, dass wir meistens Harmonie verstehen als zwei oder mehr Dinge die zusammen kommen. Das ist jedoch eine relative und beschränkte Sicht. Harmonie, wie es in dem Wort Aikido benutzt wird, bedeutet nicht mehrere Dinge die zusammen kommen. Harmonie bedeutet hier, dass alle Dinge bereits Eins sind, auch wenn wir sie eventuell nicht auf diese Art wahrnehmen. Die Menschen sind schon Eins, vereint. Es gibt keinen Bedarf sie zu vereinen. Wir Menschen sind es, die sich durch eine limitierte und relative Wahrnehmung trennen. Wie wir die Welt sehen, und somit auch uns gegenseitig, ist fast immer relativ, limitiert auf die Dimensionen von Zeit und Raum, du da drüben und ich hier. Damit erscheinst du definitiv anders und separat von mir, und entweder besser dran als ich, oder schlechter, aber niemals gleich.

Da wir diese unglaubliche Vielfalt wahrnehmen, in der jeder scheinbar so anders ist, müssen wir üben uns zu erinnern, dass es eine grundlegende Essenz gibt die Eins ist. Und welche ist das? Das ist die Frage. Wenn wir Ai üben wollen, dann müssen wir irgendeine Art tiefen Kontakt mit dem haben was das ist, falls dieses Etwas überhaupt benannt oder definiert werden kann. Vielleicht wird es, sobald wir es benennen oder definieren, plötzlich ein Teil der relativen Sichtweise, und es ist überhaupt nicht mehr das auf was wir deuten wollen. 

氣 – Ki: Ki besteht aus zwei Komponenten, und beide haben ihre eigene Bedeutung, wie bei Ai. Die erste Komponente, oben und auf der rechten Seite, kann als „Wolken und Regen“ gedeutet werden, welche aus dem Himmel herunter kommen. Oder zur gleichen Zeit kann es „Dampf“ bedeuten, der nach oben aufsteigt. Und das Symbol im Zentrum, das zweite, ist das Zeichen für „Reis“. Wenn das oben Wolken und Regen sind, dann kann der Reis wachsen. Wenn das erste Symbol als Dampf gesehen wird, dann ist der Reis am Kochen. In beiden Fällen ist es nach außen gerichtet. Es ist wichtig zu verstehen, warum sie diese Symbole gewählt haben um damit das Ki des Universums zu bezeichnen. Offensichtlich war das Wort Ki für die alten Chinesen sehr bedeutsam. Wenn der Regen nicht kam, und die Reisernte nicht eingefahren werden konnte, dann konnten sie nicht leben. Sie konnten nicht in den Supermarkt gehen und etwas Reis kaufen. Wenn es dieses Jahr keine Ernte gab, dann gab es eine Hungersnot. Jeder war betroffen. Also, den Regen zu haben, eine erfolgreiche Ernte zu haben, und den Reis zum Essen zu haben, bedeutete für die alten Chinesen das Leben selbst. Deshalb nutzten sie diese Kombination zweier Symbole um Ki zu repräsentieren – das Leben selbst. Leben.

道 – Do: Auch Do besteht aus zwei Symbolen. Das erste bedeutet „Weg“. Und das zweite bedeutet „Anführer“, oder man kann auch sagen „Individuum“, oder es kann auch „herausragend“ bedeuten. Wir könnten also sagen „der herausragende Weg“, oder „der Weg des herausragenden Individuums“. Nun ja, das ist „Do“, und die meisten wissen, dass „Do“ „der Weg“ bedeutet. Ju-do, Karate-do, Ken-do, Kyu-do, Aiki-do.

Dass es aus zwei Symbolen besteht deutet darauf hin, dass es weiterführende Qualifikationen zu dem Wort „Weg“ gibt. Wir haben „Anführer“, oder „Individuum“, hinzugefügt zu oder verbunden mit „Weg“. Worauf das hindeutet, oder was es beschreibt, ist dass ja, da ist nur ein Weg, aber du musst zu ihm individuell kommen, von deinem bestimmten, individuell konditionierten Geist. Wir können sagen, dass der aktive Weg durchs Leben für jede individuelle Person einzigartig ist. Da ist ein allgemeiner „Weg“, aber dieser „Weg“ manifestiert sich in jedem von uns einzigartig. Der Weg ist nicht Etwas dem wir blind folgen müssen. Unsere Aufgabe ist es, zu der Realisierung des Weges zu erwachen, wie er sich in jedem von uns entwickelt. 

Noch eine Anmerkung zu diesem Wort: Fast jeder hat heutzutage das Wort „Tao“(„Dao“) gehört. Das ist „der Weg“. Jedoch auch hier, wenn wir von der Taoistischen Philosophie hören oder darüber lesen, interpretieren wir dies als eine Art generellen Weg dem jeder folgen muss. Und es ist tatsächlich so, aber du kannst dazu nur auf deine sehr individuelle und persönliche Art finden. Du musst dich selbst dahin führen. Der Weg ist der prominenteste Aspekt deines Charakters, in jedem Moment. Der Weg wirkt in dir auch gerade jetzt, in diesem Augenblick. In jedem Moment ist es das was in deinem Leben passiert.

Vielleicht kannst du nun den Ursprung sehen, warum diese Praxis „Aikido“ genannt wurde. Das sind sehr machtvolle Symbole mit großen Implikationen. Und realisiere, dass dieses Wort das erfahrbare Potential repräsentiert. Welches kein Verstehen ist, um genau zu sein, sondern mehr eine Art zu Sein. Daher das Wort „Weg“.

Lasst uns einen Moment zum Ki zurückkehren. Wir haben gesagt, das Wort „Ki“ bedeutet im Grunde „Leben“. Viele Leute denken Ki, Chi, Prana, Mana, usw. sind eine Form von Energie. Das ist nicht falsch. Aber sie stellen sich Energie als eine Art Kraft vor, wie in „Ich kann mein Ki zu dir aussenden.“ Waaa! Aber lasst uns ein bisschen genauer hinschauen. Unsere Körper bestehen aus Organen, unsere Organe bestehen aus Zellen, unsere Zellen bestehen aus Molekülen, unsere Moleküle bestehen aus Atomen, Atome bestehen aus subatomaren Teilchen, Quarks, und immer so weiter bis ins unendlich Kleine. Das kann man sehen, aber natürlich nur bis zu einem Punkt. Das Problem entsteht wenn die Dinge kleiner und kleiner und kleiner werden, und es sich herausstellt, dass „Dinge“ nicht unbedingt Dinge sind. Ein Ding ist für uns ein Objekt, etwas Substanzielles, Materie. Jedoch, wenn das „Ding“ klein genug wird, dann bestimmt wie du danach schaust, was es ist wenn du es findest. Wenn du es auf eine bestimmte Art betrachtest, dann erscheint es als Materie,  ein Partikel. Wenn du es auf eine andere Art betrachtest, dann erscheint es als Energie, als Welle. Was wir sehen ist woraus die Struktur des Universums besteht. Aber welches? Nun, das eine oder das andere, abhängig davon wonach du suchst! Du bekommst hier eine Art Yogi-Berra-Antwort: „Wenn du an eine Gabelung in der Straße kommst, nehme sie.“ 

Wenn wir fragen „Ist es dies oder ist es das?“, ist die Antwort „Ja“. Und das ist nicht das Gleiche wie zu sagen es ist „Beide“. Die Antwort auf die Frage ist „Ja“. Wir erkennen, dass die Essenz dieser universellen Struktur nicht so einfach festzulegen und zu definieren ist, besonders wenn wir sehr genau hinschauen. 

Koichi Tohei Sensei hat sehr einfach gesagt, wenn wir immer genauer hinschauen, dieser winzigste, unendlich kleine grundlegende Baustein des Lebens, ist Ki. Dieses „Ki“ ist die grundlegende Struktur dessen was wir Leben nennen. Ob es zusammen kommt um einen Stein zu formen, einen reißenden Strom, oder ein menschliches Wesen, spielt keine Rolle. Du kannst ein Atom aus dem Schwanz einer Eidechse entnehmen und in dein Gehirn einfügen, und dein Gehirn wird den Unterschied nicht erkennen. Auf diesem grundlegenden Level spielt es keine Rolle. Natürlich, sobald es sich organisierter manifestiert, dann fängt es natürlich an einen Unterschied zu machen. Du kannst kein Organ aus einer Eidechse entnehmen und in deinen Körper einfügen. Ganz klar, so funktioniert das nicht. 

Also… auf einem grundlegenden Level ist alles Leben Eins, undifferenziert. Nicht ein „Ding“, nun… wir können nicht sagen ein „Ding“. Wir sind nicht in der Lage zu sagen dies ist entweder ein „Ding“ (Partikel) oder „Energie“ (eine Welle). Wir können sagen es ist Eins, und meinen universell das Gleiche, insofern es komplett austauschbar ist. Und vergesst nicht, das ist woraus wir gemacht sind, nichts anderes. Und wir können auch sagen, dass es jetzt existiert, weil es nur in der Gegenwart wahrgenommen werden kann, und so, für uns, existiert es nur hier und jetzt. Es ist dies genau hier. In diesem Sinne können wir also sagen, dass das Leben (Ki) universell (überall das Gleiche) und gegenwärtig (immer nur jetzt) ist. 

Also… Ki ist Universelle Gegenwärtigkeit.

Wir sehen all diese Unterschiede um uns herum im Raum, wie z.B. graues Haar, schwarzes Haar, braunes Haar, weniger Haar, mehr Haar. Wir sehen und erfahren diese Unterschiede. Und wir wissen, wenn wir uns etwas genau ansehen, dann lernen wir es besser kennen. Je näher wir uns einander kommen, umso besser lernen wir uns einander kennen. Und zur gleichen Zeit wissen wir alle, je näher wir einander in Beziehungen kommen, umso weniger sehen wir die Unterschiede und umso mehr sehen wir die Gleichheit. Wir betrachten eine Kaffeetasse unter einem Elektronenmikroskop, und wir erfahren etwas über diese, was wir nicht erfahren indem wir sie nur anschauen oder aus ihr trinken. In gleicher Weise, wenn wir uns mit einer Person oder einem Ding in eine engere Beziehung begeben, haben wir automatisch ein tieferes Verständnis und mehr Bewusstheit. Wie bei der Kaffeetasse, sehen wir einander ganz anders als wenn wir nur flüchtig hinschauen oder uns die Hand schütteln.

Also können wir sagen, wenn wir uns irgendetwas ganz genau ansehen, ob nun intellektuell oder emotional, sind wir dichter daran diese Universalität, oder Gleichheit, zu sehen. Tatsächlich sind die Unterschiede nicht grundlegend wichtig. Was grundlegend wichtig ist, ist dieser Aspekt der Gleichheit. 

zum-einsfein-finden-was-ist-versus-wie-ich-es-benenne
Was ist… und wie ich es aus meiner relativen Sicht benenne…

Wir können das benennen wie auch immer wir wollen. Aber wenn wir es benennen, dann müssen wir vorsichtig sein. Vorsichtig sein beim Benennen weil, wie bei einem Wort wie Aikido, wann immer wir etwas einen Namen geben, gibt das uns das Gefühl es zu verstehen und zu wissen was es ist. Du kannst sehen, dass wir über die grundlegende Essenz des Lebens reden, welche wir Ki nennen. Andere Menschen benennen es möglicherweise als etwas Anderes. Sie nennen es vielleicht Gott, Höchste Intelligenz, Grund des Seins, Essenz, usw.. De facto gibt es eine unendliche Anzahl an Namen. 

Aber ich sage „sei vorsichtig“, weil jeder dieser Namen vorbelastet ist. Natürlich können sie belastet sein, weil wir konditioniert wurden über sie auf eine bestimmte Art zu denken. Darüber hinaus sind sie aber auch vorbelastet, weil es für jeden ein Gegenteil gibt. Jeder einzelne dieser Namen repräsentiert etwas das als „gut“ gesehen wird. Das impliziert, dass es demgegenüber etwas „schlechtes“ geben muss. Aber wenn das was du benannt hast, was angeblich „alles was ist“ ist, gut ist, wie kann dann etwas existieren das schlecht ist? Es müsste ja außerhalb von „allem was ist“ sein!

Wie kann da irgendetwas außerhalb dem was ist sein? Das ist unmöglich. Es mag so erscheinen als wenn es da etwas schlechtes gibt. Wenn wir wollen, dass die Dinge sich auf eine bestimmte Art entwickeln und sie tun das nicht, dann erscheint uns das als schlecht. Das ist was wir das „Böse“ in dieser Welt nennen. Wenn ich die Dinge auf eine bestimmte Art haben will, und du stimmst nicht zu, dann bist du „böse“, du bist schlecht, weil du mir meinen Plan für mein Leben in diesem Universum zerstörst. Solange wir es daher vermeiden können, die Dinge als dies und jenes zu definieren, und zu fordern dass sie als solches anerkannt und geehrt werden, dann können wir es vermeiden ein gegenteiliges Etwas zu erschaffen, welches unsere Definition gefährden kann.

Nun, wir können erkennen, mit welchem Minenfeld wir konfrontiert werden wenn wir versuchen, dieser Erfahrung einen Namen zu geben. Und es ist eine Erfahrung. Das Einzigartige dabei ist, da es nicht erfolgreich benannt und definiert werden kann, dann ist es etwas das wir unmöglich wissen können. Ja, wir können und tun es direkt erfahren, aber sobald wir versuchen es als ein „Ding“ festzunageln, dann verlieren wir es. 

Es gab eine Krise im Bewusstsein der Welt der Physik um den Beginn des 20. Jahrhunderts herum, vor über 100 Jahren. Bis zu dieser Zeit haben wir auf die Welt durch die Augen der Newtonschen Physik geschaut. Das Leben wurde als eine Aneinanderreihung von einzelnen Subjekt/Objekt Beziehungen gesehen. Plötzlich erschienen dann die Quantenphysik und die Relativitätstheorie auf der Bildfläche. Diese tendieren dazu, Mr. Newton etwas alt aussehen zu lassen. Plötzlich entdecken wir, dass alles nicht bestimmt ist, auf die Art wie die Subjekt/Objekt Perspektive uns den taktilen Eindruck von Bestimmtheit gibt. Plötzlich sagt man uns, dass alles unbestimmt ist. Es stellt sich heraus, dass was Etwas ist davon abhängt, wie man auf dieses Etwas schaut. 

Das ist so, ist aber vielleicht schwer zu verstehen. Vielleicht kannst du sehen, dass es stimmt, wenn wenn du dir deinen Freund oder Lebenspartner anschaust. In jedem beliebigen Moment, wie du über sie empfindest hängt davon ab wie du sie betrachtest. Lernen wir das nicht nach vielen Jahren der Ehe? Deswegen müssen wir sehr aufpassen wie wir etwas oder jemanden betrachten, weil wir eventuell überrascht werden von dem was wir sehen. 

Mit anderen Worten, Wahrnehmung ist alles. Und Erwartungen bestimmen die Wahrnehmung. Also, achte darauf was du erwartest zu sehen, wenn du interagierst. 

Zwei Wahrheiten:

Hier ist ein uraltes Problem. Die Menschen haben sich daran den Kopf zerbrochen. Die Frage ist die Lösung des „Prinzips der Zwei Wahrheiten“. 

Zunächst, die Welt wie wir sie jeden Tag erfahren, scheint aus eigenständigen Objekten zu bestehen, die von einem inneren Subjekt beobachtbar sind. Auf diese Art sehen wir das. Und die gesamte Newtonsche Physik basiert darauf, und dient ebenso zum Beweis davon. Und es ist wahr. So ist es wie es scheinbar ist. So haben wir eine Gruppe von Menschen auf den Mond geschickt. 

Alles Technische, das die Menschheit erreicht hat, basiert auf diesen Prinzipien. Sie sind wahr, messbar, und verlässlich, so lange wie wir nicht sehr genau hinschauen. Leider haben Physiker, Philosophen, und andere interessierte Bürger festgestellt, dass, wenn man sich Objekte sehr genau aus der Nähe anschaut, alles was sie einzigartig und separat macht verschwindet, sich auflöst, und scheinbar nicht so ist. 

Also haben wir hier zwei scheinbar verschiedene und sich widersprechende Realitäten. Zwei Wahrheiten. Über die Jahrhunderte hat jede religiöse Tradition irgendeinen Weg erfunden mit diesem Problem klarzukommen, selbst Aikido.

Als Tohei Sensei die Ki Society gründete, basierte er dies auf Prinzipien die er für geeignet hielt, diese zwei Wahrheiten auf erlebbare, realistische und praktische Weise zusammen zu führen. Es ist nicht praktisch etwas zu beschuldigen oder verantwortlich zu machen, das nicht beweisbar ist. Mit anderen Worten, er hat versucht einen Weg zu finden, die physische Welt zu benutzen um das nachzuweisen, was nicht sichtbar ist. Wenn du etwas nicht finden kannst, dann kannst du nicht beweisen ob es oder ob es nicht existiert. Du kannst nur etwas nachweisen, wenn du es finden kannst, oder zumindest einen Indikator für dieses Etwas finden kannst. Du musst dich einer Sache irgendwie stellen, um seine wahre Natur zu entdecken. Wenn Nicht-Existenz seine Natur ist, dann kannst du es natürlich auch nicht finden. 

Es ist überhaupt keine brauchbare Sache, sich für seine täglichen Entscheidungen auf Mythen zu verlassen. Tohei Sensei sagte „Nein.“ Wir werden Ki-Tests nutzen. Ein Ki-Test bringt diese zwei Wahrheiten zusammen. Um optimal zu funktionieren, müssen wir ein vollständiges Fundament in diesen beiden Wahrheiten haben. Wir müssen einen Weg finden, sie zu erkennen und in beiden gleichzeitig zu leben. Dies wird Dual/Nicht-Dual genannt. Die nichtduale und die duale Welt müssen beide zur gleichen Zeit erfahren werden, im gegenwärtigen Moment. Diese beide Realitäten werden gleichzeitig erfahren und akzeptiert. Und zur gleichen Zeit müssen wir sehen, dass sie sich tatsächlich nicht widersprechen. Sie widersprechen sich nicht, sondern in Wirklichkeit bedingen sie einander. 

Es fällt uns vielleicht schwer zu sehen, dass diese beiden Wahrheiten einander dienen. Wir tendieren dazu, die Dinge entweder auf die eine oder auf die andere Art zu betrachten. Wir müssen sie beide zur gleichen Zeit sehen. In der Vergangenheit war das Problem, dass beide immer von zielorientierten Positionen aus betrachtet wurden, und damit als komplette Gegensätze. Stattdessen müssen sie gemeinsam gelebt und erfahren werden. Deswegen nennen wir dies „dual/nicht-dual“, beide zur gleichen Zeit.

Aikido ist die Praxis gegenwärtig zu sein. Oder mit anderen Worten, es ist die Befolgung der Wahrheit von diesem hier. Die Wahrheit ist dies, und von diesem zur selben Zeit. Einfach dies genau hier. Fakten werden geschrieben oder gesprochen über irgendeinen Moment oder Ereignis. Aber uns geht es um Wahrheit selbst, nicht um Fakten. Wahrheit ist einfach dies hier, nicht etwas über dies hier. Sie ist, was tatsächlich hier und jetzt geschieht und erfahren wird. Die „zwei Wahrheiten“ sind zwei verschiedene Perspektiven, oder Sichtweisen, wenn du so willst. Es gibt eine relative Wahrheit und eine absolute Wahrheit. Es scheint wirklich so, als wenn sie gegeneinander sind, aber tatsächlich sind sie zwei Arten auf die selbe Sache zu schauen. Die relative Welt ist nicht getrennt von der absoluten, sondern ist eingeschlossen als Teil von ihr.

(Übersetzung: Olaf T. Schubert)