Körper und Geist
Onegai shimasu. Ich hoffe es geht euch allen gut heute. Ich möchte heute Abend das Shokushu Nr. 17 lesen, “Reiseishin.”
“Uns menschlichen Wesen wurde ein Geist gegeben, der direkt mit dem Universum verbunden ist. Dies ist Reiseishin.
Wenn die Wasseroberfläche ruhig wird, kann sie klar den Mond reflektieren. Wenn unser Geist ruhig wird, manifestiert sich Reiseishin klar und unverkennbar.
Sobald dies geschieht, verschwindet alles selbstsüchtige Drängen und Verlangen, und der universelle Geist von Liebe und Schutz für alle Dinge scheint hervor.
Lasst uns unser Reiseishin zum Strahlen bringen.“
Heute Abend ist der zweite Spruch von Koichi Tohei Sensei dran, aus unserer Liste von 37: “Der Körper hat Beschränkungen, aber der Geist hat keine.”
Nun, die grundlegende Lehre der Ki Society besagt, dass Geist und Körper eins sind. Richtig? Geist und Körper sind vereint, nicht getrennt, nicht zwei verschiedene Dinge. Und dennoch, bereits hier im zweiten Zitat, sagt er ganz klar, dass der Körper eine Sache mit Beschränkungen ist, und dass der Geist etwas ganz anderes ohne Beschränkungen ist. Daher ist meine Frage, wie kann das sein?
Während wir dies berücksichtigen lasst uns ein wenig Ki Atmung üben. (19 Min. Ki Atmung)
Okay, streckt euch…
Bevor wir weiter darüber sprechen, möchte ich Sayaka Reasoner bitten, “Der Körper hat Beschränkungen, aber der Geist hat keine.” für uns auf Japanisch vorzulesen. (Liest auf Japanisch)
Vielen Dank. Nun, der Körper steht hier für die Welt der Sinne: Riechen, Schmecken, Sehen, Hören, Fühlen. Das ist die dualistische Welt, die relative Welt, die Welt die Tohei Sensei “shoga” nennt. Es ist eine Welt der Beschränkungen: da ist oben und unten, links verglichen mit rechts, gut verglichen mit schlecht, Freude verglichen mit Leid. Alles ist ein bisschen hiervon und ein bisschen davon. Nichts steht für sich, getrennt von allem anderen. Alles steht in einem Wirkungszusammenhang. Alles in der Welt der Sinne wird durch alles andere beschränkt. Jedesmal wenn eine kleine Sache geschieht, verändert sich dadurch das gesamte physische Universum. Alles ist stets relativ zu etwas anderem. Nichts steht für sich in der Welt des Körpers. Das ist die Beschränkung. Diese Limitierung bedeutet, dass er nicht frei ist, er hängt ab von all diesen Bedingungen, wogegen der Geist komplett frei ist, ohne Limitierung. Aber, wenn ich das so sagen kann, der Körper hat seinen eigenen kleinen Geist, hat einen kleinen Körper-Geist. Wir nennen diesen den „selbstsüchtigen Geist“, oder das „Ego“. In diese kleine fehlgeleitete Sichtweise geben wir nur gerade so viel Geist, dass es ausreicht sich in Schwierigkeiten zu bringen, und gerade genug um sich selbst aus Schwierigkeiten heraus zu bekommen. Dies ist ein praktizierender Geist: keiko, es versucht stets sich selbst zu verbessern, versucht ständig aus einem schlechten Zustand heraus zu kommen und sich in einen besseren Zustand zu versetzen. Aber das ist sehr beschränkt! Er hat nicht die Freiheit, von diesem Streben vollständig frei zu sein. Dieses Streben ist notwendig damit er überhaupt sein kann, für seine pure Existenz. Und wenn dann etwas erscheint das dies in Frage stellt, dann bekämpfen wir das, kämpfen ums Überleben und nutzen welche Kraft wir auch immer finden können um zu gewinnen, oder wir kollabieren und geben angesichts all dessen einfach auf. Wir sind ohne den großen Geist, „big mind“, nicht in der Lage dies aufzulösen. Wir können uns nicht mit allem und jedem um uns herum verbinden ohne „big mind“, ohne den universellen Geist, den Tohei Sensei “Reiseishin” nennt.
Nun, er hat noch einen anderen Begriff an den ich euch erinnern möchte: “taiga”. Er nennt die physische Welt der Sinnen – die Welt des Körpers, des kleinen Körper-Geistes – er nennt diese Welt “shoga”. Die Art von Training die wir tun um diese Welt zu verbessern nennt man “keiko”. Wenn er den Begriff taiga verwendet, dann ist das nicht nur eine Welt des Geistes, sondern ist die Welt von Geist und Körper zusammen, vereint. Es ist Geist und Körper natürlich verbunden. Es ist alles wie es bereits ist, ohne Kampf. Wir sehen taiga oft als shoga gegenüberstehend, als wenn da dieser relative Geist ist und dann ist da auch noch dieser absolute Geist, und diese scheinen separat voneinander zu sein. Aber das ist nicht was taiga bedeutet. Taiga bedeutet alles zugleich. Shoga meint nur den kleinen Geist. Taiga meint den großen Geist und den kleinen Geist, vereint. Wir nennen das „Einheit von Geist und Körper”.
Ich sage immer, “Wenn die ins Dojo kommst, bringe alles mit”. Lass nicht den Teil von dir zu Hause, der schlechte Gewohnheiten hat, und lass diese Person nicht zu Hause. Lass nicht den Teil von dir zu Hause der bestimmte Tendenzen hat, der einen Ballast herumträgt, den eine Menge Zeugs belastet. Bringe all diese Dinge mit dir ins Dojo, denn hier ist der Ort an dem diese aufgelöst werden, denn hier ist der Ort an dem die Vereinigung von Geist und Körper stattfinden kann. Das ist es worauf wir uns alle konzentrieren wenn wir im Dojo sind, und auch wenn wir hier in diesem Unterricht sind, genau das selbe.
Ich wollte heute Reiseishin lesen weil da die Rede von Ruhe ist. Wenn der See wirklich ruhig ist, reflektiert er den Mond, oder einen vorbei fliegenden Vogel. Er reflektiert dich; er reflektiert deinen Partner; er reflektiert alles in der Welt der Sinne, ganz klar. Und er sagt wenn wir Reiseishin erfahren, dann sind Geist und Körper vereint. Und dann, sagt er, sind alle diese Bedenken – er nennt sie “Dränge, Verlangen und Ängste“, all diese Ablenkungen die aus Täuschung geboren sind – all diese Dinge werden abgelegt. Nicht weil sie falsch sind, oder weil wir sie als schlecht bewerten. Sondern wenn wir, wie er sagt, von der Liebe des Universums erfüllt sind, wenn wir in Reiseishin sind, wenn unser Geist und Körper vereint sind, dann sind wir einfach zufrieden. Da ist kein Raum für irgendeine Art von Negativität. Es ist nicht das sie falsch ist, oder das du sie vertrieben hast, oder dass du zu gut dafür bist. Sie ist einfach nicht länger nötig. Negativität ist nur erforderlich, wenn wir Angst haben und verwirrt sind, wenn wir von dem kleinen bisschen selbstsüchtigen Geist abhängig sind, den wir aus dem „großen Geist“ entnommen haben. Okay, vielleicht wird er uns ja auch gegeben, aber ganz sicher missbrauchen wir ihn, oder nicht? Wenn der aktiv ist, dann kann auf Erden kein Frieden sein. In dir drin, wenn du Einheit von Geist und Körper hast, bist du in Frieden. Du lebst die Liebe. Alles ist komplett, und zufriedenstellend. Der Geist der keine Limitierungen hat ist der Geist, den wir mit dem Körper vereinen wollen, der all diese Limitierungen hat, so dass wir in dieser Welt, in der Welt der Sinne leben können, und dennoch Frieden und Liebe und unbegrenzte Freiheit haben können. Das ist es was wir im Dojo die ganze Zeit üben. Wenn ich dein Handgelenk festhalte, wenn ich dir irgendeinen Ki-Test gebe, dann schaue ich ob du Einheit von Geist und Körper hast. Mit anderen Worten, wirst du mit mir kämpfen, oder aufgeben und kollabieren, oder wirst du dich mit mir treffen und dich mit mir in Einheit verbinden. Wenn du das tust, dann wirst du den Ki-Test bestehen.
Jede unserer Techniken – Hitori waza, Oneness Rhythm Taiso, Toitsu Taiso, all die verschiedenen Übungen, Kiatsu, Bokken und Jo – alles was wir tun ist für diesen einen Zweck: Und das ist in Einheit von Geist und Körper zu sein. Selbst in der Meditation – in der Ki Atmung ist es noch viel offensichtlicher, weil wir uns tatsächlich auf die Atmung konzentrieren. Wir richten den Geist auf den Körper, und lassen den Geist die Atmung führen. Wir haben Einheit von Geist und Körper. Selbst wenn wir in der Meditation sitzen, ruhen wir im Körper, in unserem kinetischen Sinn von Fühlen.
Die Frage die ich euch am Anfang der Stunde gab war: “Der Körper hat Limitierungen aber der Geist hat keine, und dennoch sind Geist und Körper eins. Wie können diese Dinge beide wahr sein?” Habt ihr jetzt die Antwort? Taiga.
Ich möchte noch eine Sache sagen. Ich habe letzten Freitag beobachtet, dass jede der Gruppen mit einer Frage zurück kam, aber die Art der Frage war immer dieselbe und zwar: “Wie gehe ich mit der anderen Person um, die das Problem verursacht?” Dadurch habe ich erkannt, dass hier vielleicht kein wirkliches Ergründen stattfindet. Unsere Praxis ist zu sehen was in uns selbst vorgeht, und nicht bei den anderen.
Diese Diskussion, wie wir das tun, ist dieses Sehen zu üben, aber in einer Gruppe. Nun, jedes Thema, das wir als einen interessanten Punkt in unserer Aikido Praxis finden, ist irgendwie schwierig zu verstehen. Wir verstehen alle Teile davon, vielleicht. Vielleicht sieht niemand den „ganzen Elefanten“, sondern jeder sieht nur einen anderen Teil davon. Okay? Wenn ihr also volle 15 Minuten sitzt und diskutiert was jeder von euch dabei nicht versteht, wenn ihr so nachforscht, wenn ihr wirklich nach der Natur des jeweiligen Themas forscht, dann werdet ihr zumindest eine Sache finden die ihr nicht versteht. Und damit habt ihr eure Frage. Dann nehmt ihr alle diese Fragen von allen Teilnehmern zusammen, und ihr wählt einen Sprecher und sucht aus, welche Frage denn nun gestellt werden soll. Es kann einfach nicht sein, dass ihr 15 Minuten lang eine solche Diskussion über ein schwieriges Thema habt, und nur findet „Nun, wir haben keine Fragen.“ Ihr könntet dann genauso gut sagen “Da ist nichts was wir zu diesem Thema nicht verstehen. Wir verstehen vollständig.”
Natürlich wissen wir, dass das nicht der Fall ist, und dass dies nur passiert weil die Diskussion nicht genutzt wird um herauszufinden, was das Thema mit dir macht, ganz persönlich, was auch immer es ist. Was ist es, das ich zu diesem Thema nicht verstehe? Dein Job als Teilnehmer in der Gruppe ist in dein Innerstes zu schauen, zu sehen was du nicht verstehst, und das dann mutig mit den anderen zu diskutieren. Und wenn ihr dann zurück kommt, werdet ihr etwas Bedeutsames haben weil es von euch allen kommt.
(15 Minuten Diskussion in Gruppen)
Schüler: Hallo euch allen. Guten Morgen, guten Abend. Wir hatten eine sehr interessante Diskussion, und alle hatten ein ziemlich ähnliche Art darüber zu denken: Dass der eine Spruch den Begriff „Geist“ auf eine Art nutzt, und der andere nutzt den Begriff „Geist“ auf eine andere Art. Wir benutzen ständig den Begriff „Geist“ und es scheint so als wenn wir andere Definitionen benutzen wovon wir denn sprechen. Im Grunde ist unsere Frage die: Ich kann all das sehen. Ich sehe meinen denkenden Geist der Trennung verursacht, und dann kann ich sehen wenn mein Geist und Körper in einem Ki Test eins sind, dass mein geistiger Zustand ganz ruhig ist, dass ich universellen Geist habe. Ich kann all das sehen. Ich kann meinen Körper sehen, ich kann meine Gedanken sehen, ich kann meinen geistigen Zustand sehen. Nun, wer bin „ich“ in all dem? Das wäre unsere grundlegende Frage.
Das ist eure Frage?
Schüler: Ja.
Das ist eine gute Frage. Okay, lass mich mal kurz schauen..
Zuerst einmal, wenn du zu irgendetwas Gedanken hast, dann gibt es dafür einen Grund, und der Grund für die Gedanken sagt dir wo der Gedanke her kommt und wofür er da ist. Wenn sie die Welt der Sinne für dich organisieren, dann ist es wichtig auf diese Gedanken zu hören, richtig? Aber wenn du in der Meditation durch einen Gedanken abgelenkt wirst, dann ist da wahrscheinlich ein Verlangen oder eine Angst die diesen Gedanken treibt. Das ist eine komplett andere Art zu denken. Also diese Unterscheidung ist ganz wichtig.
Du hast mich gefragt, „Wer bin ich?” Dies ist natürlich die älteste Frage im Universum. Und wenn es darauf eine beschreibende Antwort gäbe, dann wüsstest du sie bereits. „Ich” ist ein bisschen wie „Geist”. Es kommt darauf an was du meinst mit „ich“. Für gewöhnlich, wenn wir „ich“ sagen beziehen wir uns auf unser konstruiertes Wesen, unsere ShogaPerson die einen Namen hat und einen Körper und eine Persönlichkeit, einen Job eine Familie, auf eine Art eine konstruierte Identität. Dieses „ich“ ist das „ich“ der Welt der Sinne. Das ist das „ich“ des Körpers, und es ist ein geborgtes „ich“. Es ist limitiert und kann niemals frei sein, weil es von etwas unendlich Größerem nur geborgt ist. In der Einführung sagte ich an einer Stelle es wäre „gestohlen“, und an anderer Stelle sagte ich es wäre „gegeben“. Ich denke es ist genauer, und großzügiger, zu sagen dass es „erlaubt“ wurde stattzufinden zu unserem eigenen Nutzen, so dass wir sehen können wohin uns das wohl führen wird. Und dann bei Erleuchtung durch Übersättigung, wenn wir dies zur Genüge gesehen haben, dann werden wir aufhören Gott zu imitieren und anfangen zuzuhören.
Nun, das bedeutet nicht dass es da in dir kein Zentrum gibt, dass es da kein „Du-sein“ gibt, dass da kein „ich-sein“ ist. Da ist das „Ich“ das „Ich“ ist, aber niemals erkannt werden kann weil das Einzige was es erkennen kann ist das „Ich“ selbst, und dieses „Ich“ ist von vornherein das was schaut. Es kann es nicht sehen, weil es der Sehende ist, niemals das Gesehene. Es ist immer das Bewusstsein selbst. Das ist nicht was Tohei Sensei meint wenn er „Geist“ sagt, in diesem Fall. „Geist“ ist hier die Manifestation des „Ich“ das „Ich“ auf allen Ebenen ist. In der Einführung hatte ich versucht diese Ebenen zu definieren, wie sie sind und wie wir sie nutzen. Ich habe darauf nicht viel Zeit verwendet aber hier noch einmal, das ist im Wesentlichen der Sinnes-Körper und der relative Zustand, und die Limitierungen davon, und der taigaGeist der alles einschließt. Wenn wir eine Inspiration haben, wenn wir kreativ sind, wenn wir lieben, wenn wirklich unterstützen und jemanden in unseren Armen halten, dann ist das Einheit von Geist und Körper. Tohei Sensei sagte dazu, „Wenn du hungrig bist und eine Mahlzeit isst, das ist Einheit von Geist und Körper.” Auf bestimmte Art sagt er, wenn du die Limitierungen hinter dir lässt, wenn du nicht leidest, dann hast du einen flüchtigen Blick darauf wie es ist. Aber natürlich ist es nur ein flüchtiger Blick. Und deswegen üben wir, damit unser flüchtiger Blick des Unsichtbaren zum Sichtbaren wird, dass das was uns nicht unmittelbar zur Verfügung steht durch die Jahre der Praxis nach und nach für uns verfügbar gemacht wird.
Das ist alles was ich dazu zu sagen habe. Vielen Dank für die Frage. Sie war ein bisschen cheeky, aber trotzdem Danke.
Schülerin: Nun wir hatten in der Diskussion verschiedene Punkte die wir uns angeschaut haben. Einer war zum Beispiel, darauf zu schauen wie auf ein Auto und dessen Fahrer. Sie sind irgendwie zusammen aber dennoch separat. Was in mir hochkam während der Ki-Atmung war, dass ich bemerkte dass was ich sehe davon abhängt wie ich darauf schaue. Das ist immer so: was ich weiß, wie ich etwas sehe, hängt davon ab wie ich schaue. Und als shoga und taiga erwähnt wurden, dann unterstreicht das nur dass wenn ich aus der shoga Sicht darauf schaue, dann werde ich Separation sehen. Und wenn ich von taiga aus schaue, dann werde ich sehen wie es eins ist. Also muss die Frage sein, „Wie kann ich mehr in taigasein? Wie kann ich mehr von der vollständigen Sicht sehen?”
Ja natürlich, nun, mehr von taiga zu sehen, wie kann man taiga auf einem tieferen und tieferen Level erfahren, das ist unsere Praxis. Richtig? Das ist warum wir damit in unserem Geist und in unserem Herzen üben. Wir wollen uns dafür mehr und mehr öffnen. Der einzige Grund warum das für uns schwierig ist, sind die Konditionierungen und Strukturen die in unserem Unterbewusstsein sind und uns für das Licht blind machen. Sie verstecken, sie verdecken wie Vorhänge das Licht, so dass wir dadurch nicht so viel vom Leben erfahren können. Und wir zeigen diese Vorhänge ständig wenn wir sprechen, wenn wir in der Welt der Sinne agieren, dann drücken wir uns ständig durch diese Dinge hindurch aus die in unserem Unterbewusstsein versteckt sind. Jeder Andere weiß mehr über mich als ich das selbst tue; jeder weiß mehr über dich als du das tust. Weil jeder zuhört und sieht „Ah, sehr interessant.“
Meistens sehen wir selbst das nicht. Also müssen wir lernen zuzuhören bei dem was wir sagen – darüber hatte ich beim letzten Mal gesprochen – wir hören dem zu was wir sagen. Wir sehen was wir in unserem Handeln tun, und wir bemerken dies wieder und wieder und wieder. Wir bewerten das nicht. Wir versuchen nicht etwas zu verändern. Wir tun gar nichts damit. Wir nehmen es einfach wahr, und früher oder später beginnt diese Hartnäckigkeit sich abzunutzen. Es geht dann einfach nicht mehr. Es hat die Kraft nicht mehr. Es verliert die Fähigkeit uns zu kontrollieren. Diese konditionierten Strukturen fangen an abzufallen, durch unser Wahrnehmen.
Das ist unsere Praxis – Wahrnehmen. Wenn du darüber mal nachdenkst, das ist alles was wir tun im Dojo. Selbst wenn wir körperlich Aikido üben. Gerade jetzt erkläre ich es dir. Aber im Dojo bewege ich mich vielleicht oder mache eine Schnittbewegung oder irgendeine Übung die diese Praxis demonstriert. Während du und ich das im Dojo tun, sind wir damit beschäftig wahrzunehmen. Wir sind im Bewusstsein. Wir nehmen also wahr, was es ist das uns über unser Unterbewusstsein durch unsere Bewegung offenbart wird, darüber was wir fest halten und nicht loslassen wollen. Es ist eine wundervolle Sache, unsere Praxis. Ich bin dafür sehr dankbar. Vielen Dank für deine Frage und deine Kommentare.
Schülerin: Hello, Sensei. Tatsächlich hast du meine Frage schon mehrmals beantwortet bei den anderen Fragen. Sie war über die Brücke zwischen dem shoga Geist und dem taiga Geist die durch das Training von Aikido erreicht werden kann.
Wolltest du noch etwas anderes sagen?
Schülerin: Nun, da du vieles bereits beantwortet hast, hätte ich noch etwas was mehr eine Bezeugung meinerseits ist. Durch das Training von Aikido habe ich unendliche Möglichkeiten erreicht von denen ich keine Ahnung hatte bevor ich anfing. Und nicht nur in meinem Geist, sondern auch in meinem Körper, unendliche Möglichkeiten meines Körpers, durch den Zugang zu erweiterten Möglichkeiten im Training, oder vielleicht durch mehr Zugang zum taiga Geist.
Ja, ich möchte es noch einmal wiederholen, der Onepoint ist dieser Übergangspunkt. Er ist die Brücke. Er ist der Übergang zwischen Körper und Geist, in anderen Worten, zwischen shoga und taiga. Wenn wir den Onepoint bewahren, sind wir augenblicklich – nicht augenblicklich, wir haben dafür kein Wort denn es ist noch vor augenblicklich – wir sind bereits in Einheit von Geist und Körper mit der Aktivierung von Onepoint. Denn Onepoint ist dies. Also ist es nicht richtig zu sagen wir würden augenblicklich in taiga eintauchen, sondern es ist bereits taiga. Es ist unsere wahre Natur, mit anderen Worten. Und dann ist da plötzlich, „Oh, genau! Unbegrenzte Möglichkeiten. Oh, sicher, ja, natürlich.”
Ich glaube es war Kayomi die einmal erwähnte wie sie sich über ihren Computer aufregte, da vergaß sie komplett was sie gerade machte. Sie vergaß taiga komplett. Sie vergaß alles über Gelassenheit. Sie vergaß alles darüber nicht wütend zu sein. Und wir alle wissen wie sich das anfühlt: wenn wir unsere Fassung verlieren, wenn wir unseren Onepoint verlieren. Manchmal vergessen wir das sogar während wir in Meditation sitzen. Wir werden einfach abgelenkt von irgendeinem Verlangen, irgendein Bedürfnis erscheint und lässt uns über etwas nachdenken. Und dann erwachen wir daraus und merken, „Oh, unendliche Möglichkeiten. Oh, Einheit von Geist und Körper. Oh, genau, Onepoint.”
Unsere Geist-Körper-Einheit ist es für die es normal ist Zugang zu taiga zu haben, denn es ist taiga. Es kommt nicht vom Denken an taiga. Du denkt nicht an Onepoint. Du bist einfach Onepoint. Du bist einfach, du erinnerst dich einfach an Onepoint. Das ist nicht das gleiche wie über die Aspekte von Onepoint weiter und weiter nachzudenken. Du könntest ein Buch darüber schreiben – ich habe es gemacht – aber das ist nicht das gleiche. Das Lesen dieses Buches wird es nicht für dich erledigen – du musst es tatsächlich tun. Es ist die Geist-Körper-Einheit. Das ist das Geheimnis.
Immer schön zu hören was du zu sagen hast. Dankeschön.
Der nächste…
Schüler: Hello. Guten Morgen, guten Abend. Ich glaube was du gesagt hast deckt meinen Punkt so ziemlich ab. Aber dennoch, die Leute haben ein Gefühl von Entzug ausgedrückt, über den fehlenden Körperkontakt, das Fehlen von physischem Kontakt und den Fakt, dass ihnen die Möglichkeit fehlt, im Dojo mit anderen Menschen in Kontakt zu sein, und das fühlt sich an wie ein Entzug.
Zur gleichen Zeit beobachten die Leute, dass uns die derzeitige Situation viele Gelegenheiten bietet unser Fehlen von Einheit zu erfahren, weil wir uns so sehr verstören lassen von den Dingen die in unserem Leben passieren, in unseren Ländern, usw. Die Menschen werden mit schwierigen Situation konfrontiert, und sie können sehen, dass sie Schwierigkeiten haben die Einheit beizubehalten. Und dann war da eine Diskussion ob wir wirklich verstehen wie der taiga Geist wirklich ist. Denn in dem Satz „Der Körper hat Limitierungen aber der Geist hat keine”, wenn man den Satz liest, verstehen wir nicht wirklich Geist, nun, das Wort „Geist“? Wir verstehen es falsch weil wir Schwierigkeiten haben zu verstehen was taiga Geist bedeutet. Letztlich verwechseln wir es mit dem was wir meistens erfahren, und das ist shoga Geist. Ich bin mir nicht sicher ob ich das klar genug weitergebe. Grundsätzlich ist da die Schwierigkeit taiga Geist zu verstehen. Zur gleichen Zeit verstehen die Leute aber die Idee von Einheit. Vorhin sagtest du, „Wenn wir nicht leiden, erfahren wir taiga.” Nun, das klingt einfach aber…
Ich denke es ist am einfachsten sich das am Beispiel eines Werkzeugkastens anzuschauen. Was wir „shoga” nennen ist wie ein Werkzeugkasten. Manche Leute haben wirklich scharfe Werkzeuge in ihrem Werkzeugkasten. Bei manchen Menschen sind die Werkzeuge rostig und stumpf, nicht so gut. Weil, du musst sie heraus nehmen und benutzen, und du musst sie immer wieder schärfen. Du musst dich um deine Werkzeuge wirklich gut kümmern, richtig? Und du musst bessere und bessere Werkzeuge entwicklen. All das ist unsere keiko Praxis. Dieser Werkzeugkasten ist sehr sehr nützlich. Jedoch, es hängt alles davon ab wer die Werkzeuge benutzt, wer sich um sie kümmert, und wie sie beschaffen sind.
Wenn wir Geist-Körper Einheit haben, können wir mit unseren Werkzeugen keinerlei Schaden anrichten. Wir können nicht anders als mit unseren Werkzeugen unterstützend zu sein. Es mag sein als ein Schlachter, als ein Bäcker, als ein Kerzenmacher; es könnte jemand im Friedenscorps sein; es könnte sein als Universitätsprofessor, als ein Regierungsbeamter, oder als ein einfacher Auftragnehmer wie ich. Wofür auch immer du sie benutzt, der ultimative Nutzen des Werkzeugs ist es den Onepoint zu bewahren.
Wie ich mit Olaf besprochen habe, das „Ich“, das ursprüngliche Ich, ist das Bewusstsein selbst, und der freie Wille ist der Zugang dazu. Das ist der Wille von dem jeder spricht, der uns gegeben wurde: wir haben einen freien Willen. Und wenn wir diesen freien Willen nutzen und wählen den Onepoint zu bewahren, wenn wir taiga wählen, wenn wir Geist-Körper Einheit wählen, dann werden die Werkzeuge alle vorzüglich benutzt, und das dafür wofür sie gemacht wurden. Das ist was Tohei Sensei meint wenn er sagt „alles selbstsüchtige Verlangen verschwindet”. Mit anderen Worten, all die negativen Arten die Werkzeuge zu benutzen spielen einfach keine Rolle so lange wir verbunden sind mit dem was wir wirklich sind, mit unserem Ursprung, mit dem Bewusstsein selbst.
Das wäre was ich dazu zu sagen habe. Vielen Dank.
Schüler: Wir hatten eine sehr lebendige Diskussion, einige sehr gute Gedanken, aber es wurde auch klar dass es für einige ein doch frustrierendes Thema ist. Einige meinten, dass wir uns die Unbegrenztheit gar nicht vorstellen können, noch nicht mal eine Ahnung davon haben können. Also wie können wir sie dann überhaupt erfahren? Und dann für einige von uns, wir können uns das zwar vorstellen und haben eine Idee davon, aber dennoch wie können wir sie wirklich erfahren? Das ist nicht das gleiche. Und ich gehe hier noch einen Schritt weiter und frage: Wie können wir wirklich wissen, dass wir nun Unbegrenztheit, Geist-Körper Einheit erfahren, und nicht nur darüber nachdenken?
Okay. Klasse! Das Wesen der Unbegrenztheit oder Unendlichkeit ist, dass man sie sich nicht vorstellen kann. Das ist ihre Natur! Das ist es was das bedeutet: unvorstellbar. Man kann sich kein Bild davon machen. Es sich nicht vorstellen. Das ist ja das Schöne daran! Es kann nur erfahren werden.
Nun, hier ist für mich das Interessante daran: Wir leben in dieser begrenzten Welt der Sinne, in dieser relativen Welt, und dennoch erfahren wir ständig das Unendliche, aus relativer Sicht. Denn wir erfahren immer nur ein Stückchen davon zu einem bestimmten Zeitpunkt. Natürlich, solange wir in diesem Körper sind können wir gar nicht die gesamte Unendlichkeit erfahren. Das wäre sowieso eine unlogische Schlussfolgerung. So etwas kann gar nicht sein. Es kann gar kein „Alles der Unendlichkeit“ geben, denn unendlich bedeutet unendlich. Das gibt es kein „Alles“. Es ist unendlich. Es ist jenseits von dem was wir als Ganzheit ansehen. Mit anderen Worten, es ist jenseits dieser relativen Welt. Und solange wir in einem relativen Zustand sind, können wir taiga nur zu einem bestimmten Grad erfahren, das Unsichtbare nur zu einem bestimmten Grad. Aber unsere Praxis bringt uns dichter und dichter und tiefer und tiefer und vollständiger und vollständiger, so dass wenn die Energien unseres Unterbewusstseins – die gebunden sind in all unserem Müll, all unserem Gepäck, all unserem Zeugs – dann freigesetzt werden, dann fangen wir an mehr und mehr zu sehen vom Unsichtbaren, von der Unendlichkeit, von dem normalerweise nicht Verfügbaren. Und wenn das anfängt zu geschehen, dann befruchtet es sich natürlich selbst. Wenn wir anfangen mehr zu sehen, dann sehen wir das da noch unendlich mehr zu sehen ist. Und das ist sehr demütigend, aber zur gleichen Zeit auch wahnsinnig aufregend. Was für eine Reise! Was für ein Abendteuer, das sich uns die ganze Zeit unendlich eröffnet, aber wir können niemals alles davon erreichen, und das ist die Natur davon, nicht von unserer Praxis, sondern die Natur des Lebens selbst. Das ist warum wir hier sind.
Vielen Dank. Okay, der nächste..
Schüler: Sensei, ich habe auch noch eine Frage. „Der Körper hat Limitierungen aber der Geist hat keine“. Das erinnerte mich irgendwie an eine Aussage in einem Film. Es ist aus „Birth of the Dragon“, und einer von Bruce Lee’s Gegnern sagt, „Oh, jetzt beginnst du deine Grenzen zu erkennen.“ Und Bruce Lee sagt, “Welche Grenzen?”
Ich habe auch noch eine Frage. Nun, mit einigen dieser Sprüche habe ich das Gefühl da bist es eine positive und eine negative Seite, auf bestimmte Art. Ich meine, dass eine Menge Schmerz und Leiden durch „ohne Limitierungen“ entstehen kann. Denn manche Leute denken sich, sie empfinden das so dass es für sie keine Einschränkungen gibt. Sie denken nicht das sie Limits haben sollten, und daher sind sie deprimiert. Und natürlich gibt es mit vielen Veränderungen und vielen Beschränkungen auch vieles was geopfert wird. Richtig? Du opferst bestimmte Dinge wenn du keine Limits hast.
Hmmm…zu meiner Studienzeit, ich erinnere mich wie ich eines Abends erkannte, dass ich mein gesamtes Leben bis dahin gelebt hatte in dem Glauben ich würde nach Freiheit suchen. Und mit „Freiheit“ meinte ich „frei zu sein zu tun was immer ich will, wann immer ich will!” Und da erkannte ich plötzlich, dass das überhaupt nicht Freiheit ist. Freiheit ist, so frei zu sein es nicht zu tun! Mit anderen Worten, wahre Freiheit ist frei davon zu sein ein Sklave von irgendetwas in dir zu sein. Das ist ein Teil von Erleuchtung. Es ist ein klitzekleiner Teil, aber ein wichtiger Teil, denn es gibt von diesem Denken eine ganze Menge in unserer Welt. Zum Beispiel die Sache mit dem Maske-Tragen: Die Leute sagen, „Das ist keine Freiheit! Ich trage keine Maske!“ Und eine Menge Schaden kann aus diesem grundlegenden Missverständnis von Freiheit entstehen. Das ist Pubertät, keine Freiheit.
Der Geist ist grenzenlos, aber der Körper hat definitiv seine Grenzen.
Okay. Vielen Dank. Bleibt gesund! Domo arigato gozaimashita.
(Online Training mit Christopher Curtis Sensei vom 20. Oktober 2020, Übersetzung: Olaf T. Schubert)