Die Beherrschung Verlieren
Guten Morgen, guten Nachmittag, guten Abend, allerseits.
Onegaishimasu
Ich hoffe, es geht allen sehr gut. Heute Morgen befassen wir uns mit Nr. 9 der “13 Regeln für Lehrer” von Tohei Sensei. Lasst mich damit beginnen, diese für euch zu lesen:
“Verliere nicht deine Beherrschung. Ihr müsst wissen, dass es eine Schande für einen Aikido-Lehrer ist, die Beherrschung zu verlieren, weil es bedeutet, dass er seinen Onepoint verloren hat. Verliere vor allem nicht die Beherrschung über etwas Persönliches. Wenn du jedoch um des Universums oder deines Landes willen wütend werden musst, dann tu es mit deinem ganzen Wesen, indem du dein Ki auf deinen Onepoint konzentrierst. Du musst wissen, dass eine Person, die leicht die Beherrschung verliert, in einer ernsten Situation feige werden kann. “
Nun. Vielleicht sollten wir zuerst definieren, was Beherrschung (engl.: temper) ist. Wisst ihr, in der Metallurgie bezeichnen wir den Härtegrad (engl.: temper) von Stahl als das Gleichgewicht zwischen seiner Härte und Elastizität. Und das ist ein bisschen wie bei uns Menschen. Wenn wir vom Temperament des Menschen sprechen, meinen wir damit das Gleichgewicht unseres Geisteszustandes. Wenn wir unsere Beherrschung verlieren, bedeutet das natürlich, dass wir unser Gleichgewicht verlieren. Unsere Betrachtung heute bezieht sich jedoch speziell auf das Unterrichten im Aikido.
Wenn wir im Aikido versuchen, uns selbst zu verteidigen, wenn wir uns persönlich bedroht fühlen, neigen wir dazu, unsere Beherrschung zu verlieren. Wir werden jedoch unseren Onepoint nicht verlieren, wenn wir jemand anderen als uns selbst verteidigen, und vor allem, wenn wir die Lehre selbst verteidigen. Als Lehrer seid ihr die Vertreter dieser Lehre. Ihr seid ihre Hüter.
Es gibt einige wichtige Unterscheidungen für diese Verantwortung. Eine davon ist, dass, wenn ein Schüler die Lehre vor dem Lehrer beleidigt, er oder sie erwarten kann, dass der Lehrer mit einem sehr hohen Maß an Intensität reagiert. Die Verantwortung des Lehrers besteht darin, die Lehre gegen alle Ignoranz zu verteidigen. Wenn der Lehrer stark und mit großen Emotionen zum Schüler spricht, darf dies niemals aus Wut über den Schüler geschehen. Sondern weil wir uns über die Ignoranz ärgern. Der Feind ist niemals der Schüler. Der Feind ist nur die Ignoranz.
Wenn der Schüler besonders hartnäckig ist (und ich habe gesehen, wie Tohei Sensei und Suzuki Sensei dies viele Male getan haben), dann kann es, nachdem viele andere Dinge geduldig versucht wurden, notwendig sein, den Schüler zumindest vorübergehend aus seinem Zustand der Ignoranz heraus zu schocken, um ihm zu helfen, zu verstehen, worum es hier in der Lehre geht. Ich denke also, dass es im Falle der Darstellung der Lehre manchmal notwendig sein kann, diese Taktik anzuwenden.
Die Quintessenz ist, dass wir niemals den Onepoint verlieren dürfen. Den Onepoint zu verlieren bedeutet, es persönlich zu nehmen. Wenn wir unsere eigene Person einbeziehen, haben wir in unserer Verantwortung als Vertreter der Lehre versagt. Wenn es jemals einen andauernden Konflikt zwischen dem Lehrer und einem Schüler oder den Schülern im Dojo gibt, dann hat der Lehrer seine Fähigkeit verloren, die Gruppe zu führen. Wir können es uns nicht leisten, dass zwischen uns und unseren Schülern irgendwelche gegensätzlichen Gefühle entstehen. Denkt darüber mal nach. Es lohnt sich hinzuhören, bei was wir denken und was wir als Lehrer sagen. Wenn wir still dasitzen und über unsere Schüler nachdenken, können wir jeden einzelnen von ihnen ansehen und ihnen ein kraftvolles, unterstützendes, liebevolles Ki schicken. Genau das ist ein großartiger Check, um zu sehen, in welchem Zustand wir uns in Bezug auf jeden unserer Schüler befinden. Und dann sind wir, egal was im Dojo auftaucht, vorbereitet. Und dann wissen wir, dass wir nur in einer liebevollen, unterstützenden Weise sprechen und handeln werden.
Ich glaube, ich habe das bereits erwähnt: Die Leute bezeichnen Aikido oft als eine “Selbstverteidigungskunst”. Das ist ein komplettes Missverständnis des Aikido, so wie ich es verstehe und lehre, und was Tohei Sensei lehrte. Wenn wir von einer anderen Person angegriffen werden, versuchen wir nicht, uns gegen diese Person zu verteidigen, die uns körperlich oder sogar emotional verletzt. Richtig? Denn wenn wir das tun, dann entsteht de facto ein Konflikt, einer gegen den anderen, und das ist nicht Aikido. Wenn uns nun jemand angreift, sei es verbal und emotional oder körperlich, unterstützen wir im Aikido die andere Person dabei, zu ihrer eigenen Ignoranz zu erwachen, gegen ihre eigene Schwäche anzugehen, die sie dazu veranlasst, so zu handeln, dass sie möglicherweise sich selbst oder jemand anderem Schaden zufügt. Die Tatsache, dass man selbst angegriffen wird, ist überhaupt nicht der Punkt. Für euch ist es so, als ob sie jemand anderen angreifen würden. Die Verteidigung ist gegen die Schwäche, niemals gegen die Person.
Diese Unterscheidung zu verstehen ist entscheidend für unser Verständnis im Aikido, weil sie alle Aspekte der Beziehungen im Dojo betrifft.
Okay, nur zur Erinnerung: Nach unserem Sitzen heute Morgen setzen wir unser neues Programm fort. Meine Co-Moderatorin, Lynn Curtis Sensei, wird euch alle in Gruppenräumen unterbringen, und ihr könnt dort dieses Thema diskutieren und sehen, was so hochkommt. Nach etwa 10 Minuten schließen wir die Räume, und ihr kommt zurück und könnt mir Fragen dazu stellen oder Kommentare abgeben.
Okay, lasst uns zunächst mit etwas Ki-Atmung beginnen:
Ki-Atmung: 10 Minuten
Ki-Meditation: 10 Minuten
Geist-Körper-Meditation: 10 Minuten
(Zehn Minuten Gesprächsrunde in Gruppen)
Nun gut. Ich denke, alle sind zurückgekehrt. Beginnen wir mit Raum 1. Guten Morgen.
Schüler: Guten Morgen, Sensei. Ich hatte das Vergnügen, in Raum 1 mit Gloria, Sally und David Sensei’s zu sein. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir diesen Verlust der Beherrschung in unseren Dojos nicht sehen. Normalerweise sind unsere Aikido-Lehrer Vorbilder, wenn es darum geht, Onepoint zu halten, und ich glaube nicht, dass wir das Gegenteil zu oft erlebt haben. Ich persönlich habe das, was du sagtest, auf die Arbeit als Lehrer an einer staatlichen Schule bezogen. Ich habe oft gehört, wie neue Lehrer sagten: “Oh, die vierte Stunde steht an. Das ist meine miese Klasse.” Und das prägt ihre Gefühle und ihre Einstellung zu dieser Stunde. Das wirkt sich auf ihr gesamtes Auftreten aus. Sogar in der Mittagspause habe ich sie so etwas sagen hören. Ich habe schon lange gelernt, das nicht zu tun, vor allem wegen der Aikido-Praxis. Sonst verfärbt es meinen Einfluss auf alle. Ich sehe die Kinder immer wieder in der Woche, im Laufe des Jahres, und ich möchte nicht, dass sie negativ über mich denken. Bei meinen Kindern denke ich genau umgekehrt über sie. Gloria hat das auch angesprochen. Was wir geben, bekommen wir auch zurück. Ich habe schon gehört, wie Kinder so etwas Negatives über einen bestimmten Lehrer gesagt haben, oder? “Oh, nein, das ist für die Klasse, in die ich gehe.” Und dann sagte David: “Es ist das Spiegeluniversum.”
Wenn man auf einen starrköpfigen Schüler reagiert, gibt es eine gewisse Intensität, wenn man etwas fühlt, aber gleich danach ist es wieder weg, weißt du, wie abgeschnitten. Man regt sich über etwas auf, und dann – bumm – ist es wieder weg. Trotzdem versuche ich, danach mit dem Schüler zu sprechen und ihm zu erklären. “Das ist der Grund, warum ich das gesagt habe, was ich gesagt habe. Verstehst du das?” Und dann verabschieden wir uns Faust an Faust: “Lass uns morgen frisch anfangen.” Wenn sie mich dann nach dem Unterricht sehen, haben sie keinen negativen Bezug zu mir. Aber jeder Moment des Unterrichts ist Praxis. Jedenfalls sehe ich das so. Vielen Dank.
Wirklich großartig, Rene. Vielen Dank. Ich weiß, dass du einmal als “Lehrer des Jahres” ausgezeichnet wurdest und sie dir sogar ein Auto geschenkt haben.
Student: Nun ja, sie haben mir das Auto für ein Jahr gegeben. Aber danach musste ich es bezahlen.
Ich nehme an, das bedeutet, dass du das sehr gut verstehst, sonst hättest du diese Auszeichnung nicht erhalten. Also, vielen Dank für deinen Kommentar. Das ist schön zu hören.
Lasst uns bitte zum nächsten Raum weitergehen.
Schüler: Hallo, Sensei. Wir waren in Raum #2. Wir haben diese Diskussion aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Ich begann damit, dass ich ein Beispiel gab. Es ging darum, dass ich als Lehrer im Dojo nach ein paar Jahren einen Schüler nicht mehr unterstützen konnte und ihn bitten musste, zu gehen, weil er die Grenzen für andere Schüler überschritt und die sichere Atmosphäre im Dojo gefährdete. Und das war eine Herausforderung für mich, eine persönliche Reaktion zu vermeiden und nicht ständig den Onepoint hochkommen zu lassen. Die Herausforderung besteht also darin, ruhig zu bleiben und damit umzugehen. Und dann die Geschichte, die du uns über Suzuki Sensei erzählt hast, der diese eine nervige Schülerin im Dojo behalten hat. Alle hassten sie, aber sie musste bleiben, weil Sensei sagte, sie sei die beste Schülerin, die ihr hattet. So, was nun? Die Frage ist, wo ist die Grenze? Wie lange kann man das zulassen, und wann ist der Punkt erreicht, an dem man andere tatsächlich verteidigen muss?
Ich danke dir vielmals. Das ist mir auch passiert. Ich musste schließlich auch einen Schüler bitten, das Dojo zu verlassen. Aber lange Zeit habe ich dem Schüler erlaubt zu bleiben. Er überschritt jahrelang die Grenzen anderer in unserem Dojo, und während dieser Zeit fühlte ich wirklich so, wie Suzuki Sensei gefühlt hatte, dass es trotz allem einen Wert für ihn und für alle gab. Zum einen war es eine ständige negative Lektion am lebenden Objekt, und jeder konnte es sehen. Und ich habe gesehen, dass es jeden ein bisschen schärfer gemacht hat. Aber irgendwann verlor er völlig die Fassung und war nicht mehr bereit, sich davon zu erholen, also musste er gehen.
In einer anderen Situation hatte ich einen Schüler, den ich nie zu bitten brauchte, zu gehen, aber irgendwann wurde ihm so klar, dass er es vermasselte, dass er einfach von selbst ging. Und das war nach 30 Jahren Training. Es ist also nicht so, dass so etwas nur unreifen Schülern passiert, die noch keine Chance hatten, sich zu entwickeln. Das sind oft Leute, die viele Jahre lang trainiert haben, aber ein, vielleicht, sehr kleines, aber grundlegendes Missverständnis von dem haben, was sie im Aikido tun, und dieses Missverständnis wird so groß, weil es über die Jahre immer weiter genährt wird, dass es sie übernimmt und dazu führt, dass sie sich völlig verlieren. Das ist also wirklich ein Verlust der Beherrschung in Zeitlupe.
Die Geschichte über Suzuki Sensei und diese Schülerin steht in meinem Buch “Otomo – Eine Reise”. Ich hielt sie für so wichtig, dass ich sie in das Buch aufgenommen habe, weil sie so völlig un-intuitiv ist. Die meisten würden einfach nicht denken, dass es das Beste wäre, eine Person, die so problematisch ist, im Dojo zu behalten. Aber für mich war es perfekt, und ich bin sicher, dass Suzuki Sensei das gesehen hat. Weißt du, das, was ich gelernt habe, hat mein Leben verändert. Ich war derjenige, der am meisten litt, zumindest von meinem eigenen egoistischen Standpunkt aus. Und vielleicht war ich deshalb derjenige, der am meisten davon profitiert hat, auf spektakuläre Weise.
Ich danke dir vielmals. Schön dich zu sehen. Lasst uns zum nächsten Raum gehen.
Student: Guten Morgen, Hawaii-Zeit. Hier ist Phoenix. Ich hatte das große Glück, in einer Gruppe mit Charlotte, Eiko und Mele zu sein. Jeder von uns hat zu Beginn ein wenig darüber gesprochen, wie wir unsere Fassung verloren haben. Nun, die Erfahrung damit und wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hat. Mele erzählte, wie sie als Lehrerin in der Mittelstufe die Beherrschung verlor, als sie noch ganz am Anfang ihrer Karriere stand, und wie das heute nur noch selten vorkommt. Sie hat diese Disziplin, da sie schon so lange praktiziert. Sie sieht, dass es nur ein Spiel ist. Sie sprach auch an, was du darüber sagtest, Aikido “Selbstverteidigung” zu nennen und es vor allem so zu bewerben. Dass es vielleicht einen anderen Weg gibt, darüber nachzudenken, um es den Leuten zu beschreiben, die wir einladen, denn wir lehren sie nicht, sich zu verteidigen, sondern mit sich selbst zu arbeiten. Ich hielt das für sehr wichtig.
Und Charlotte erwähnte, wie sehr die Dinge in ihrem Leben die Wahrscheinlichkeit verändert haben, dass sie die Beherrschung verliert. Sie ist im Ruhestand, also hat sie viel Zeit zum Üben. Sie praktiziert zu Hause, sie meditiert mit einer Gruppe von anderen Menschen, und allein diese Verbindung verändert ihr Leben.
Und ich selbst konzentriere mich sehr stark auf dieses Thema im Zusammenhang mit der Arbeit. Wenn mir etwas sehr am Herzen liegt, dann kann ich die Wut in mir aufsteigen lassen, richtig? Dann will ich es in Ordnung bringen, aber das funktioniert nicht. Und so lerne ich nun schließlich, in Meetings einfach ruhig zu bleiben und mich selbst dabei zu beobachten, wie ich ruhig bin. Und dann, wenn es etwas Wesentliches zu sagen gibt, sehe ich klar, und es ist keine Meinung, sondern ein Verständnis für etwas oder so etwas. Dann kann ich in Ruhe sprechen.
Und eine andere Sache, die aufkam, war mit Clayton Naluai Sensei. Es war nicht so, dass er wütend war, aber seine Intensität, mit der er versuchte, etwas zu vermitteln, war einfach so effektiv. Ich meine, er hat immer so viel Liebe ausgestrahlt, aber manchmal auch Liebe mit einer Extraportion Intention, wenn er dir etwas demonstrierte. Ich glaube, das bleibt mir für immer im Gedächtnis haften.
Ich danke dir. Ich denke, es ist wichtig zu erwähnen, dass natürlich niemand von uns perfekt ist. Und so kommt dieser “Wutausbruch” bei jedem von uns gelegentlich vor, ganz gleich, wie erfahren wir sind. Ich habe gesehen, wie Tohei Sensei seine Beherrschung verloren hat. Ich sah, wie Suzuki Sensei seine Beherrschung verlor. Aber das Wichtigste, was mir bei beiden auffiel, war, dass die Wut, sobald sie zum Ausdruck kam, auch gleich wieder vorbei war. Wir müssen unser Bestes tun, um unsere Gefühle nicht zu unterdrücken, sie als richtig oder falsch zu beurteilen. Das ist keine Ruhe, wenn wir unsere Wut unterdrücken, damit sie nicht nach außen dringt. Es muss Lachen, Weinen und Wut geben. Menschliche Leidenschaft kommt vor, und das ist gut so.
Und ja, wenn wir unseren Onepoint im Zorn verlieren, kehren wir sofort zum Onepoint zurück. Und diese Übung üben wir immer wieder in der Ki-Stunde, in Techniken, und in der Meditation. Wenn uns jemand oder etwas überrascht oder uns auf eine ablenkende Weise trifft, verlieren wir vielleicht unsere Aufmerksamkeit, aber wir kehren sofort zur Ruhe der Aufmerksamkeit zurück. Auf diese Weise wird unsere Fähigkeit zur Aufmerksamkeit immer stärker und damit unsere Ruhe immer tiefer. Das Ausmaß, in dem dies bei jedem von uns der Fall ist, sagt etwas über die Intensität und Regelmäßigkeit unserer Praxis aus. Wenn wir sitzen, und die ganze Zeit praktizieren, ist es viel einfacher, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, wenn wir es ein wenig verloren hatten. Seid also nicht böse auf euch selbst, wenn ihr die Beherrschung verliert. Denn das wäre nur Schlechtes zu Schlechtem hinzuzufügen.
Okay, ich danke dir vielmals. Nächster Raum, bitte.
Schüler: Hallo, Sensei. Meine Gruppe war mit Joni und Raina. Raina und ich haben darüber gesprochen, wie Kinder Erwachsene manchmal aus der Fassung bringen können. Ich erzählte, dass ich letzte Woche Drittklässler unterrichtet habe, und dass ein Junge immer geschwätzig war. Er hörte nie zu. Also habe ich ihm gesagt, er solle etwas dagegen tun. Daraufhin sagte er: “Wie kannst du es wagen!”, und ich war genervt von diesem Jungen. Ich glaube, da bin ich ausgerastet und habe gesagt: “Weißt du, wenn du so redest, bist du sehr unhöflich, und ich kann dich ins Büro des Direktors schicken.“ Und danach wurde er sehr ruhig. Und das bringt mich ein wenig zum Nachdenken über das, was du über Disziplin gesagt hast: Wir müssen die Ignoranz der Person disziplinieren, nicht die Person selbst. Aber ich frage mich, ob er vielleicht ignorant war oder nicht. Ich glaube, er wusste, wie er meinen Knopf drücken musste. Und Joni sagte, dass Kinder vielleicht ein bisschen anders sind. Ich verstehe, dass wir manchmal disziplinieren müssen. Aber was ist mit erwachsenen Schülern? Und wenn sie nicht ignorant sind, drücken sie vielleicht absichtlich auf den Knopf des Lehrers. Und es gibt eine Lehre, die wir anwenden müssen. Das ist meine Frage.
Ich danke dir vielmals. Ich muss sagen, dass es kein Mangel an Ignoranz ist, wenn jemand deine Knöpfe drückt. Das ist eine Demonstration von Ignoranz in Aktion. Wenn jemand gegen seine eigenen Interessen handelt, kann er sozusagen Knöpfe drücken, nur um deine Aufmerksamkeit zu bekommen. Er versucht absichtlich, dich auf die Palme zu bringen, ja, das ist natürlich wahr. Aber das bedeutet nicht, dass er nicht ignorant ist. Er zeigt damit, dass er, zumindest in diesem Moment, das Prinzip der liebevollen Güte, das Prinzip der Offenheit, das Prinzip des vollständigen Zuhörens ignoriert. Und auch wir müssen diese Grundsätze befolgen. Selbst wenn wir mit jemandem schimpfen, müssen wir sehr sorgfältig auf uns selbst und auf die andere Person achten und zuhören, um sicher zu sein, dass unsere Worte und Handlungen nicht aus Ignoranz erfolgen, sondern das Erwachen unterstützen.
Nun, ich bin mir nicht sicher, ob das bei Kindern anders ist. Ich unterrichte Kinder nicht sehr oft, aber Lynn unterrichtet Kinder sehr oft, und sie teilt ihre Erfahrungen mit mir. Und immer, wenn sie über die Herausforderungen beim Unterrichten von Kindern spricht, klingt das für mich genauso wie die Herausforderungen, die ich mit Erwachsenen habe. Weißt du, ich bin kein Psychiater, aber mir ist aufgefallen, dass wir zu einer Art kindlichem Egoismus zurückzukehren scheinen, wenn wir emotional ausrasten. Wenn man als Erwachsener ausrastet und sich daneben benimmt, ist man vielleicht einfach noch nicht erwachsen geworden.
Okay, ich danke dir vielmals.
Schüler: Joelle und Roy und Alexei waren in unserer Gruppe. Meine Frage bezieht sich darauf, dass man aufpassen muss, dass man nicht die Beherrschung verliert. An einem bestimmten Punkt sagt der Lehrer, dass man Onepoint halten soll, und dann kehrt man zum Onepoint zurück. Woher kennen man den Unterschied zwischen der Vorsicht, nicht die Beherrschung zu verlieren, und dem Ausdruck des Temperaments und dann der Rückkehr zum Onepoint? Welches ist falsch?
Es gibt ein allgemeines Missverständnis, das viele hier haben. Fairerweise muss man sagen, dass es daran liegt, dass wir alle denken, wir könnten uns beherrschen. Aber das können wir in Wirklichkeit nicht, denn was wir “unsere Gefühle kontrollieren” nennen, ist in der Regel ein Verstecken oder Maskieren unserer Gefühle. Und auf diese Weise ist unser Versuch, uns selbst zu kontrollieren, falsch und führt daher immer zu Problemen.
Ich würde vorschlagen, dass es hier darum geht, so zu üben, dass wir uns so weit entwickeln, dass wir in jedem Moment frei sind und uns erlauben, unseren wahren Zustand auf natürliche Weise auszudrücken, ganz gleich, was es ist. Wenn wir von Dankbarkeit und liebender Güte erfüllt sind, mit anderen Worten, wenn wir wirklich praktizieren, werden wir niemals jemanden verletzen. Unser natürlicher Zustand ist Freiheit. In einem solchen Zustand hindert uns der Geist des Nicht-Streitens daran, uns selbst oder anderen jemals Schaden zuzufügen.
Ich würde sagen, dass es ein Fehler ist, uns gegenseitig zu lehren oder zu ermutigen, uns zu kontrollieren, zumindest als Erwachsene. Ich verstehe jedoch, dass es heutzutage in der Kindererziehung nicht mehr als angemessen angesehen wird, dem Kind beizubringen, sich selbst zu kontrollieren. Stattdessen lehrt man uns, dem Kind die Folgen aufzuzeigen, wie es mit seinen Worten oder Taten jemandem schaden kann. Die Idee ist, dass Kinder auf diese Weise selbst erkennen können, was in ihrem eigenen Interesse ist, und allmählich lernen, natürlich und sicher zu handeln.
Lasst uns über Reife nachdenken. Wenn wir reif sind bedeutet das, dass wir genug gewachsen sind um zu erkennen, dass eine negative Reaktion auf andere nie in unserem besten Interesse ist. Es führt immer zu einer noch negativeren Reaktion von ihnen. Wenn wir also unreif sind und uns einfach machen lassen, was wir wollen, dann gibt es natürlich ein Problem, denn das ist egoistischer Geist auf freier Bahn. Richtig? Das ist keine wahre Freiheit. Ich erinnere mich, als ich ein junger Mann war, erkannte ich, dass wahre Freiheit nicht die Freiheit ist, alles zu tun. Wahre Freiheit ist die Freiheit, etwas nicht zu tun, nicht Sklave unserer eigenen Konditionierung zu sein. Das bedeutet, dass wir zuerst die Auswirkungen unseres heutigen Handelns auf unsere morgigen Lebensumstände bemerken und dann gründlich darüber nachdenken müssen. Wenn wir unsere eigenen Gefühle unterdrücken, sind wir nicht frei oder uns selbst treu. Nur wenn wir wirklich wahrnehmen und aufrichtig darüber nachdenken, können wir verstehen, was an unserem Verhalten destruktiv ist.
Ich denke, das ist ein wirklich wichtiger Punkt, den ich in Bezug auf diese Regel #9 nicht geäußert hatte, zumindest nicht zu Beginn dieser Diskussion. Ich denke, dass das, was du ansprichst, sehr wichtig ist – diese Idee der Selbstkontrolle im Gegensatz zur Freiheit und Offenheit. Das ist ein wichtiger Punkt, über den man nachdenken sollte. Ich danke dir vielmals.
Jetzt bitte die letzte Gruppe.
Schüler: Hallo, Sensei. Ich werde es kurz machen. Ich war in einer Gruppe mit Christoph Sensei, Lynn Sensei und Bill. Ich glaube, unsere Diskussion handelte in etwa von den Dingen, die du gerade angesprochen hast. Das ist eine Studie für sich, richtig? Und wir fangen vielleicht damit an, dass wir sagen: “Wie kann das sein? Wie kann diese Regel wirklich angewendet werden?” Christoph hat uns ein gutes Beispiel gegeben, das ihm kürzlich begegnet ist: Wenn sich jemand in einer Weise verhält, die du als unangemessen empfindest, und du ihn nicht korrigierst oder nicht darauf reagierst, förderst du dann dieses schlechte Verhalten? Und wenn du darauf reagierst, verletzst du damit eine weitere Regel?
Im Grunde genommen, wenn du diese Regel, nicht die Beherrschung zu verlieren, nimmst und einfach losgehst und versuchst, sie zu befolgen, ohne wirklich zuzulassen, dass die Lehre einsickert, ohne zu sagen: “Nun, wie ist das möglich? Sollte ich das tun?” Dies ist mehr oder weniger eine Studie, die Tohei Sensei uns gibt, und nicht nur eine Regel. Wenn wir sagen: “Ich muss echt sein, indem ich nicht in Opposition reagiere” usw., wird es für uns sehr schwierig sein. Aber wenn wir diese Regel nehmen und darüber nachdenken, sehen wir, dass sie sicherlich jeden Tag in unserem Leben aktiv ist, und wie kann diese Regel, nicht die Beherrschung zu verlieren, befolgt werden? Mit anderen Worten, was ist das Wesentliche an dieser Regel?
Das war eine gute Gegenüberstellung dessen, was du sagtest, ob wir diese Regel anwenden müssen, nur um ein guter Schüler oder Lehrer zu sein, oder ob wir genauer hinschauen und sagen: “Wow, wovon redet er wirklich?“
Nun, vielen Dank. Ich denke, es ist wichtig, uns daran zu erinnern, dass unsere Praxis darin besteht, dem Weg des Universums zu folgen. Und das ist nicht einfach das Befolgen von Regeln. Der Weg des Universums kann nicht kontrolliert werden. Es gibt keine Regeln zu befolgen. Trotz dieser “13 Regeln für Lehrer” bedeutet, dem Weg des Universums zu folgen, präsent zu sein und uns vollständig für alles zu öffnen, was in uns oder außerhalb von uns geschieht, so dass wir in jedem Moment wahrhaftig und aufrichtig agieren können. Dieser Lernprozess vollzieht sich durch einen Fehler nach dem anderen. Auf diese Weise lernen wir. In der spirituellen Praxis ist dies als “Erleuchtung durch Überfluss” bekannt. Wir wachen erst auf, wenn wir es oft genug getan haben und uns ändern wollen. Das Wort “Überfluss” (engl.: surfeit) bedeutet “Übermaß”. Veränderung geschieht, wenn wir genug davon haben.
Dem Weg des Universums zu folgen, ist also keine magische Zukunft, in der alles Gute später geschieht. Es geht darum, auf das zu achten, was jetzt gerade passiert, und zu diesen Dingen zu erwachen. Jetzt ist alles, was es gibt. Ich meine, insbesondere sollte ich das hier sagen, in dieser Stunde. Der Prozess, den jeder von uns gerade in dieser letzten Stunde durchlaufen hat, war ein ständiges Erwachen zu einigen der Fehler, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, als wir versucht haben, diese Regel anzuwenden.
Dieser Prozess, den ich hier anbiete, indem wir uns mit diesen Sprüchen vertraut machen, ist nur ein Weg für uns, diese Dinge zum Hochsprudeln zu bringen, damit wir sie miteinander und in uns selbst untersuchen können, um zu einer größeren Reife in unserer Fähigkeit zu gelangen, dem Weg des Universums zu folgen.
Ich danke euch allen sehr. Ich habe das wirklich genossen.
Domo arigato gozaimashita